Dr. Rupert Wolff wurde gestern, Freitag, von der Vertreterversammlung des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages (ÖRAK) bereits zum vierten Mal zum ÖRAK-Präsidenten gewählt. In dieser Funktion repräsentiert er über 6.600 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sowie 2.300 Rechtsanwaltsanwärterinnen und Rechtsanwaltsanwärter. Als Vizepräsidenten werden ihm weiterhin Dr. Marcella Prunbauer-Glaser (seit 2009), Dr. Armenak Utudjian (seit 2011) und Dr. Bernhard Fink (seit 2017) zur Seite stehen.
„Es ist mir eine Freude und besondere Ehre, gemeinsam mit meinem Team unseren Berufsstand in das dritte Jahrzehnt dieses Jahrtausends geleiten zu dürfen. Ich danke allen Kolleginnen und Kollegen für das uns entgegengebrachte Vertrauen“, so der einstimmig wiedergewählte Präsident des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages, Rupert Wolff.
Schutz der Grund- und Freiheitsrechte, Ausbau des Rechtsstaates und Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen des Rechtsanwaltsberufes sind größte Herausforderungen
Als die aktuell größten Herausforderungen nennt Wolff den Schutz der Grund- und Freiheitsrechte, den Ausbau des Rechtsstaates und die Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen des Rechtsanwaltsberufs. „Unsere Berufsgrundlage, der Rechtsstaat, ist ein komplexes und sensibles Konstrukt, das gepflegt und dessen Bedeutung den Bürgerinnen und Bürgern stärker bewusst gemacht werden muss. Wir Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind gefordert, auch abseits von potenziellen Geschäftsfeldern für dieses Bewusstsein einzutreten“, so Wolff.
In allen entscheidenden Fragen der Zukunft, vom Grundrechts- und Klimaschutz bis hin zur fortschreitenden Digitalisierung und dem Einsatz künstlicher Intelligenz werden Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte die Gesellschaft begleiten und die zahlreichen Rechtsfragen beantworten müssen.
Wolff: „Wir sind die Bergführer in ein neues, steiles Zeitalter.“ Der Gipfel sei allerdings nur unbeschadet zu erklimmen, wenn auch die erforderlichen Rahmenbedingungen gewährleistet sind. „Die anwaltliche Unabhängigkeit und Verschwiegenheit gilt es auch in Zukunft zu schützen“, macht Wolff klar. Ein Rechtsstaat ohne unabhängige, freie und verschwiegene Anwaltschaft sei undenkbar.
Klage beim Verfassungsgerichtshof wegen ausbleibender Anpassung der Pauschalvergütung
„Wesentlich für den Erhalt der anwaltlichen Unabhängigkeit ist auch die wirtschaftliche Absicherung“, gibt Wolff zu bedenken. Ein weiteres Zuwarten auf die seit 14 Jahren nicht mehr erfolgte Anpassung der jährlichen Pauschalvergütung des Bundes für die von der Rechtsanwaltschaft erbrachten Verfahrenshilfeleistungen in Zivil- und Strafverfahren sei daher nicht mehr hinnehmbar. „Im Rahmen der Verfahrenshilfe verhelfen wir in über 20.000 Fällen pro Jahr den Schwächsten in unserer Gesellschaft unentgeltlich zu ihrem Recht“, erklärt Wolff. Der Wert der dabei erbrachten anwaltlichen Leistungen beträgt mittlerweile ca 40 Millionen Euro pro Jahr. Dafür erhält die Rechtsanwaltschaft eine pauschale Abgeltung vom Bund in seit 14 Jahren unveränderter Höhe von jährlich 18 Millionen Euro, die in das vom Staat unabhängige und gänzlich ohne staatliche Zuschüsse auskommende Pensionssystem der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte fließt. Es handelt sich somit um einen wesentlichen Baustein der anwaltlichen Altersversorgung und sozialen Absicherung.
„Das Gesetz sieht bestimmte Kriterien vor, bei deren Eintreten eine verpflichtende Anpassung dieser pauschalen Abgeltung vorzunehmen ist. Demnach hätte eine Anpassung bereits im Jahr 2012 erfolgen müssen“, macht Wolff deutlich. „Passiert ist allerdings nichts. Trotz diverser Anträge, Versprechen und der zuletzt im Wahrnehmungsbericht des ehemaligen Vizekanzlers Clemens Jabloner dargestellten Notwendigkeit“, so Wolff.
„Offenbar sind wir Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte dem Staat zu unbequem, das lässt man uns auf rechtswidrige Weise spüren. Anders kann man diese jahrelange Untätigkeit der Politik nicht erklären“, so Wolff. „Aus diesem Grund haben wir uns nun dazu entschlossen, die überfällige Anpassung der Pauschalvergütung erstmals in der Geschichte beim Verfassungsgerichtshof einzuklagen. Dass es so weit kommen muss, ist ein Armutszeugnis für die Republik Österreich“, macht Wolff deutlich. „Der Europa-Vergleich zeigt, wie wenig der Republik Österreich die Einhaltung rechtsstaatlicher Standards wert ist“, verweist Wolff auf die Daten der letzten CEPEJ-Studie des Europarates. Demnach gibt Österreich pro Einwohner lediglich 2,45 Euro pro Jahr für Verfahrenshilfeleistungen aus. Der Durchschnitt der von der CEPEJ-Studie erfassten 41 Länder liegt hingegen bei 6,50 Euro pro Kopf und Jahr.
Handlungsbedarf beim Schutz von Grund- und Freiheitsrechten
Handlungsbedarf sieht Wolff aber auch angesichts immer tieferer Eingriffe in die Grund- und Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger. „Gerade in einer Zeit, in der die Belastbarkeitsgrenzen des Rechtsstaates und der Grund- und Freiheitsrechte aus sicherheits- und gesundheitspolitischen Überlegungen zunehmend ausgelotet werden, müssen die Grenzsteine noch sichtbarer als bisher aufgestellt werden. Die Gesundheit der Menschen ist wichtig, die Gesundheit der Gesellschaft und ihres rechtsstaatlichen Fundaments ist es aber auch“, so Wolff. „Bei Grundrechtseingriffen hat die Rechtsanwaltschaft bislang immer klar Stellung bezogen und wird das auch künftig tun.“
Wolff ist vierter Präsident der 46-jährigen ÖRAK-Geschichte
Rupert Wolff ist der vierte Präsident in der 46-jährigen Geschichte der anwaltlichen Dachorganisation. Seine Vorgänger an der Spitze der heimischen Rechtsanwaltschaft waren Dr. Walter Schuppich (1974 – 1993), Dr. Klaus Hoffmann (1993 – 2002) und Dr. Gerhard Benn-Ibler (2002 – 2011). Wolff blickt auf langjährige Erfahrung sowohl als Rechtsanwalt, als auch als Standesvertreter zurück: Seit 1987 ist er als Rechtsanwalt tätig und fungierte bereits 2001 als Präsident des Rates der Anwaltschaften der Europäischen Union (CCBE). Von 2002 bis 2011 war er Vizepräsident des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages. Im September 2011 wurde der Salzburger erstmals zum Präsidenten des ÖRAK gewählt und nunmehr zum dritten Mal in dieser Funktion bestätigt.
Das ÖRAK-Präsidium in der Übersicht
Präsident Dr. Rupert WOLFF (geb. 16.05.1957)
Rupert Wolff ist seit 1987 als Rechtsanwalt in Salzburg tätig und war seit 1996 jahrelang Mitglied des Ausschusses der Salzburger Rechtsanwaltskammer. Er war von 1992 bis 2009 Delegationsmitglied der österreichischen Delegation zum CCBE (Rat der Anwaltschaften der Europäischen Union), und übte im Jahr 2001 als erster Österreicher die Funktion des Präsidenten des CCBE aus. Von 2002 bis 2011 war Wolff Vizepräsident des ÖRAK (Wiederwahl 2005 und 2008), dessen Präsident er seit September 2011 ist (Wiederwahl 2014, 2017 und 2020).
Vizepräsident Dr. Bernhard FINK (geb. 11.06.1965)
Bernhard Fink ist seit 1996 als Rechtsanwalt in Kärnten tätig. Er ist seit 1997 Mitglied des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer für Kärnten, deren Vizepräsident er von 2006 bis 2020 war. Seit 2017 ist Fink Vizepräsident des ÖRAK (Wiederwahl 2020).
Vizepräsidentin Dr. Marcella PRUNBAUER-GLASER (geb. 14.12.1957)
Marcella Prunbauer-Glaser ist seit 1987 als Rechtsanwältin in Wien tätig. Zuvor war sie bereits seit 1983 zur New York Bar zugelassen. Sie ist seit 1997 Mitglied des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien und der österreichischen Delegation zum CCBE, deren Leitung sie jahrelang innehatte. Im Jahr 2012 stand Prunbauer-Glaser als Präsidentin des CCBE an der Spitze der europäischen Rechtsanwälte. Seit November 2009 ist Prunbauer-Glaser Vizepräsidentin des ÖRAK und wurde im September 2011 sowie in den Jahren 2014, 2017 und 2020 in dieser Funktion bestätigt.
Vizepräsident Dr. Armenak UTUDJIAN (geb. 07.07.1964)
Armenak Utudjian ist seit 1993 als Rechtsanwalt in Wien tätig und langjähriges Mitglied des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien. Seit September 2011 ist Utudjian Vizepräsident des ÖRAK. In dieser Funktion wurde er 2014, 2017 und 2020 durch Wiederwahl bestätigt.