Im österreichischen Rechtssystem sind Gruppenklagen bisher nicht vorgesehen. Die österreichische Rechtsanwaltschaft plädiert für deren Einführung, da Sammelklagen in der Regel effizienter und kostengünstiger sind.
Was im anglosächsischen Rechtsraum „class action“ genannt und spätestens seit den gemeinsamen Klagen von Opfern des Lockerbie-Attentats, oder auch der Klage ehemaliger NS-Zwangsarbeiter als Sammel- bzw. Gruppenklage bekannt ist, hat auch in Österreich durch die dramatischen Kaprun-Ereignisse für Diskussionsstoff gesorgt.
Dr. Gerhard Benn-Ibler, Präsident des österreichischen Rechtsanwaltskammertages: „Die Umsetzung der Gruppenklage ist ein wichtiges Anliegen der Rechtsanwaltschaft, das eine prozessökonomische Lösung erfordert. Verfahren sollen verbunden werden können, wenn gleiche Sach- und Rechtsfragen vorliegen. Ist dieser Verfahrensabschnitt gelöst, zerfallen die Ansprüche wieder in Einzelansprüche. Die Umsetzung der Gruppenklage ermöglicht dem Gruppenkläger effizient und kostengünstig seinen individuellen Anspruch durchzusetzen. In der Zivilprozessordnung (ZPO), die soweit als möglich unverändert bleiben sollte, wären nur jene unbedingten Änderungen vorzunehmen, die zur Durchführung eines solchen Verfahrens notwendig sind.“
Laut Benn-Ibler könnte das in der Praxis folgendermaßen aussehen: Mögliche Gruppenkläger organisieren sich vor Einbringung ihrer Klagen zur Sammlung des Prozessstoffes und bringen dann ihre Klagen gemeinsam ein bzw. es werden Einzelklagen eingebracht, deren Sachverhalte gruppenklagefähig sind. Das Gericht hätte zunächst die Gruppenklagefähigkeit eines Sachverhaltes zu beurteilen. Ist dies erfolgt, kann mit den zugelassenen Klägern das Verfahren beginnen. Die zusammengefassten Ansprüche bleiben auch während des gemeinsamen Verfahrens stets individuelle und individuell zu beurteilende Ansprüche. Sobald die gemeinsamen Sach- und Rechtsfragen gelöst sind, ist in nachfolgenden Einzelverfahren der individuelle Anspruch jedes Klägers getrennt durch den Richter zu beurteilen.
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