Vom 23. - 25. Februar fand in Wien auf Einladung des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages die 34. Europäische Präsidentenkonferenz statt, die dem Thema der Justizpolitik in Europa gewidmet war. Die Präsidenten der europäischen Anwaltsorganisationen verabschiedeten anlässlich der Konferenz eine Resolution, mit der sie den österreichischen EU-Ratsvorsitz aufordern, sich dafür einzusetzen, dass der Justiz auf europäischer Ebene ein ihr entsprechender Stellenwert eingeräumt wird.
Zu den hochkarätigen Gästen der diesjährigen Konferenz zählten u.a. die Justizministerin Mag. Karin Gastinger, Verwaltungsgerichtshofs-Präsident ao. Univ.-Prof. Dr. Clemens Jabloner, der Präsident des Obersten Gerichtshofs und Obersten Berufungs- und Disziplinarkommission für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, Dr. Johann Rszeszut und der Generalprokurator Dr. Walter Presslauer, das Präsidium des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages und die Präsidenten der Rechtsanwaltskammern Österreichs. Europäische Spitzenvertreter waren u.a. CCBE-Präsident Cavaleiro Brandao sowie Vertreter der Anwaltsorganisationen aus 32 Ländern Europas.
Die Justizpolitik in Europa bildete das Generalthema der Fachkonferenz. „Die Justizpolitik in Europa wird immer wichtiger. Die Durchdringung der europäischen Rechtsordnungen mit europarechtlichen Regeln und die immer engere Zusammenarbeit der europäischen Staaten in justizpolitischen Fragen machen es notwendig, der Justiz auf europäischer Ebene einen ihrer Bedeutung entsprechenden hohen Stellenwert einzuräumen,“ so Rechtsanwaltspräsident Dr. Gerhard Benn-Ibler.
Folgende Resolution wurde anlässlich der Konferenz einhellig beschlossen und nunmehr der österreichischen Ratspräsidentschaft vorgelegt:
Resolution
Die Europäischen Anwaltschaften sind, wie auch schon der Rat der Europäischen Anwaltschaften (CCBE) wiederholt zum Ausdruck gebracht hat, der Auffassung, dass dem Justizbereich auf europäischer Ebene ein angemessener Stellenwert eingeräumt werden sollte. Die Präsidenten der in Wien vertretenen Europäischen Anwaltsorganisationen fordern anlässlich ihrer Tagung im Rahmen der Europäischen Präsidentenkonferenz in Wien die österreichische Ratspräsidentschaft auf, sich dafür einzusetzen, dass der Justiz auf europäischer Ebene ein ihr entsprechender Stellenwert eingeräumt wird.
Die Beachtung der Grundrechte und Grundfreiheiten ist oberstes Gebot in einer demokratischen Gesellschaft, die den Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit verpflichtet ist. Dazu zählt vor allem auch ein funktionierendes Justizsystem, das es dem Einzelnen zusammen mit seinem frei gewählten Rechtsanwalt ermöglicht, in einem fairen Verfahren innerhalb angemessener Zeit Ansprüche durchzusetzen oder sich gegen zu unrecht erhobene Forderungen und Vorwürfe effektiv zur Wehr zu setzen. Ein funktionierendes Justizsystem und Rechtssicherheit sind auch Grundvoraussetzungen für eine funktionierende Wirtschaft. In letzter Zeit gaben einige EU-Rechtsakte, wie die Geldwäscherichtlinien und die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung, Grund zur Sorge, dass Grundrechte und rechtsstaatliche Garantien beeinträchtigt werden.
Es sollte daher ein eigenes Justizressort in der Europäischen Kommission geschaffen werden, das darüber wacht, dass die rechtsstaatlichen Garantien auf hohem Niveau überwacht und EU-weit gefördert werden. Bei Materien, die von anderen Ressorts federführend verhandelt werden, ist sicherzustellen, dass die für Justizsachen verantwortlichen EU-Institutionen in jeder Phase des Rechtsetzungsverfahrens eingebunden werden. Mit dieser Resolution folgen die Präsidenten der in Wien vertretenen Europäischen Anwaltsorganisationen insbesondere dem Rat der Europäischen Anwaltschaften (CCBE), der diese Forderungen bereits mehrfach geäußert hat.
Wien, am 24. Februar 2006
EUROPÄISCHE PRÄSIDENTENKONFERENZ
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