Nachbarschaftsrecht
Seit 1. Juli 2004 gilt ein neues Nachbarschaftsrecht hinsichtlich Pflanzen an der Grundgrenze. Zuvor durfte man die in den eigenen Grund hineinwachsenden Äste und Wurzeln des nachbarlichen Baumes zwar abschneiden und herausreißen, konnte den Nachbarn aber nicht dazu veranlassen, das selbst zu tun.
Seither kann sich der Grundeigentümer in besonders massiven Fällen gegen den „Entzug von Licht und Luft“ zur Wehr setzen. Nach den neuen Bestimmungen muss der Nachbar, wenn die Beeinträchtigung unzumutbar ist, selbst entsprechende Maßnahmen ergreifen, also etwa Äste zurückschneiden, Hecken reduzieren etc. (§ 364 Abs 3 ABGB). Bei schwerer Beeinträchtigung haben beide Nachbarn je die Hälfte der Kosten für die Entfernung zu tragen (§ 422 Abs 2 ABGB).
Nachbar A hat sein Haus, gemäß der Bauordnung, mit drei Meter Abstand zum Nachbargrund gebaut. Seine Wohnzimmerfenster sind nach vorne und zum Nachbargrundstück ausgerichtet. Im Nebenhaus zieht Nachbar B ein, der die Abgeschiedenheit liebt. Er pflanzt eine Thujenhecke am Grundstücksrand und obendrein eine Weide. Mittlerweile sind die Thujen fünf Meter hoch. Im Wohnzimmer muss Nachbar A auch tagsüber das Licht einschalten, weil es so dunkel ist. Nahezu jährlich muss der Kanal repariert werden, da die Wurzeln des Baumes hineinwachsen und ihn verstopfen.
Bisher musste Nachbar A diesen Zustand hinnehmen. Was kann er seit 1. Juli 2004 machen?
Anwaltsleistungen
Der Rechtsanwalt wird für Nachbar A zunächst prüfen, ob diese Einwirkungen unzumutbar und nicht ortsüblich im Sinne des neuen Gesetzestextes (§ 364 Abs 3 ABGB) sind.
Der Rechtsanwalt fordert unter Hinweis auf die neue Rechtslage den Nachbarn zum Zurückschneiden der Thujenhecke auf (§ 364 Abs 3 ABGB) und zum Entfernen der Wurzeln der Weide. In den meisten Fällen wird ein solches Aufforderungsschreiben genügen.
Ansonsten hat der Anwalt einen Antrag auf außergerichtliche Streitbeilegung (verpflichtend) zu stellen oder, wenn der Nachbar damit einverstanden ist, den Streit einem Mediator zu unterbreiten. Kommt es auch auf diesem Weg nicht zu einer gütlichen Einigung, setzt der Rechtsanwalt die Rechte des Nachbarn A durch Klage bei Gericht durch.
Hinsichtlich der Weide ist kein Schlichtungsverfahren notwendig. Da die Kosten von jedem zur Hälfte zu tragen sind, wird der Anwalt die gemeinsame Beauftragung eines Gärtners dem Nachbarn vorschlagen. Ist der Nachbar nicht einsichtig, hat Nachbar A die Möglichkeit, die Wurzeln selbst auszugraben oder ein Unternehmen zu beauftragen. Die Hälfte des Nachbarn kann er von ihm verlangen und nötigenfalls durch Klage einbringen.
Wenn Sie den Rechtsanwalt Ihres Vertrauens aufsuchen, um Ihr Problem mit ihm zu besprechen, sollten Sie folgende Unterlagen mitnehmen:
- einen Lageplan
- Fotos der Situation
- den Grundbuchsauszug, wenn er vorhanden ist (sonst kann ihn Ihr Rechtsanwalt selbst erstellen)
- Namen von Zeugen
- Belege über die Beseitigung von Schäden (Rechnungen)
- Kostenvoranschläge für Wurzelbeseitigung