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ÖRAK zu Sexualstraftäterdatei: Geplante Maßnahmen schießen weit über das Ziel hinaus

Benn-Ibler: „Die österreichische Rechtsanwaltschaft ortet im vorliegenden Entwurf starken Verbesserungsbedarf!“

In seiner von RA Dr. Wolfgang Moringer und der Arbeitsgruppe Strafrecht vorbereiteten Stellungnahme (online abrufbar unter www.rechtsanwaelte.at) geht der österreichische Rechtsanwaltskammertag (ÖRAK) mit dem Entwurf über die Schaffung einer Sexualstraftäterdatei (Sexualstraftäterdateigesetz 2008) hart ins Gericht. „Dem absolut unterstützenswerten Ziel eines verbesserten Schutzes von Jugendlichen und Kindern vor sexueller Gewalt ist der vorgelegte Entwurf in keiner Weise dienlich“, so ÖRAK-Präsident Gerhard Benn-Ibler, der auf zahlreiche Unstimmigkeiten hinweist, die sich wie ein roter Faden durch den Gesetzestext ziehen.

Der Begutachtungsentwurf führt die Bezeichnung „sexuell motivierte Gewalttat“ ein, und legt gleichzeitig fest, dass Personen, die wegen einer solchen Tat verurteilt worden sind, registriert werden sollen. Da das Strafgesetzbuch diesen Begriff jedoch nicht kennt, bleibt es unklar und völlig offen, welche Taten tatsächlich zu einer Registrierung führen sollen. „Offen bleibt auch, wem die Bestimmung obliegt, wann eine bestimmte Tat als eine ,sexuell motivierte’ einzustufen ist“, bemängelt Benn-Ibler.

Ebenso offen lässt der Gesetzgeber die Frage, wer denn nun berechtigt sei, auf Informationen der Datei zuzugreifen. Der Entwurf definiert den Personenkreis so, dass all jene abfrageberechtigt sind, die, wie es heißt „mit der Bearbeitung dieser Deliktsbereiche befasst“ sind. „Das führt zu einer unüberschaubaren Erweiterung und öffnet der missbräuchlichen Verwendung Tür und Tor, dem gerade in diesem äußerst sensiblen Bereich ein Riegel vorzuschieben ist“, bringt Benn-Ibler die zentrale Bedeutung einer klaren Zugriffsregelung auf den Punkt. „Es kann nicht im Sinne des Kinder- und Jugendschutzes sein, dass etwa Sozialversicherungsträger oder auch Journalisten zum abfrageberechtigten Personenkreis zählen, da ja auch sie mit der ,Bearbeitung’ dieser Deliktsbereiche befasst sind“, ergänzt Benn-Ibler.

Auch in Bezug auf den, über die entsprechende Tilgungsfrist hinausgehenden, Zeitraum der Datenspeicherung hagelt es Kritik der Rechtsanwaltschaft. „Eine völlig undifferenzierte Datenspeicherung über einen Zeitraum von 30 Jahren ist beängstigend“, meint Benn-Ibler und weist darauf hin, dass der Entwurf für ein zweites Gewaltschutzgesetz ohnedies eine Verlängerung der Tilgungsfristen für Sexualdelikte um 50% bzw 100% vorsieht.

Nach Ansicht der Rechtsanwälte ist eindeutig zu definieren, welche Taten zu einer Registrierung führen. Auch die Frage der Zugriffberechtigung muss klar geregelt sein. „Eine Abfrageberechtigung darf nur nach gerichtlicher Genehmigung erteilt werden“, so Benn-Ibler. Außerdem soll der erfasste Sexualstraftäter zumindest nach Ablauf der Tilgungsfrist die Möglichkeit haben, die Löschung seiner Daten zu verlangen. „Wenn man die gesonderte Kennzeichnung von Sexualstraftaten im Strafregister für erforderlich hält, muss man darauf achten, dass die Systemänderungen nicht so eklatant den Bereich der Verhältnismäßigkeit verlassen wie im vorliegenden Entwurf“, fasst ÖRAK-Präsident Benn-Ibler die Kritik der Rechtsanwaltschaft zusammen.

 

In Österreich gibt es 5300 Rechtsanwälte, rund sechzehn Prozent davon sind Frauen. Rechtsanwälte sind bestausgebildete und unabhängige Rechtsvertreter und -berater, die nur ihren Klienten verpflichtet und verantwortlich sind. Primäre Aufgabe ist der Schutz, die Verteidigung und die Durchsetzung der Rechte Einzelner. Dritten gegenüber sind Rechtsanwälte zu absoluter Verschwiegenheit verpflichtet, womit auch eine völlige Unabhängigkeit vom Staat gewährleistet wird. Vertreten werden die Rechtsanwälte durch die Rechtsanwaltskammern in den Bundesländern sowie durch den Österreichischen Rechtsanwaltskammertag, ÖRAK, mit Sitz in Wien.

Rückfragehinweis:
Österreichischer Rechtsanwaltskammertag,
Bernhard Hruschka Bakk., Tel.: 01/535 12 75-15,
hruschka@oerak.at, www.rechtsanwaelte.at

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